• 14. August 2019

    Tabelle-Konformitätsbewertungen

    Konformitätsbewertung Teil 10 – 
    Zusammenfassende Tabelle


    Zum Abschluss der Reihe „Konformitätsbewertungen in der Werkstoffprüfung“
    gibt es eine zusammenfassende Tabelle:

    Konformitäts-
    bewertungen
    Prüflabore (PL) Inspektionsstellen (IS) Zertifizierungsstellen (ZS)
    entsprechend der Norm: DIN EN ISO/IEC 17025 DIN EN ISO/IEC 17020 DIN EN 45011
    Qualitätsmanagement
    Systeme
    ✅ notwendig ✅ notwendig ✅ notwendig
    Fachkenntnisse
    des Personals
    ✅ notwendig ✅ notwendig ✅ notwendig
    Systemkenntnisse
    des Personals
    nicht gefordert
    ✅ notwendig ✅ notwendig
    Technische
    Einrichtungen
    ✅ notwendig ✅ notwendig nicht gefordert
    Unabhängigkeitsgrad
    der Konformitätsbewertungsstelle  
    PL kann sein:
    » erste Seite (Hersteller)
    » zweite Seite (Anwender)
    » dritte Seite (Unabhängig)
    IS kann sein:
    » erste Seite (Typ B oder C)
    » zweite Seite (Typ B oder C)
    » dritte Seite (Typ A)
    ZS ist immer:


    » dritte Seite
    Gegenstand
    der Konformitätsbewertung
    Proben / Produkte – z.B.:
    Bauteile
    Materialien
    Substanzen
    kann z.B. sein:
    Prozess
    Produkt
    Anlage
    kann z.B. sein:
    Prozess
    Produkt
    Anlage
    Ermittlung
    der Konformität
    z.B.: durch:
    Prüfungen
    z.B. durch:
    Prüfungen
    Sachverständigentätigkeit
    Berechnungen
    Audits
    z.B. durch:
    Prüfungen
    Inspektionen
    Audits
    Bewertung
    der Konformität
    in Bezug auf:
    Normen
    normative Dokumente
    in Bezug auf:
    Normen
    Normative Dokumente
    Sachverständigenurteil
    in Bezug auf:
    Normen
    normative Dokumente
    Entscheidung
    über die Konformität
    üblicherweise durch
    diejenigen, die bewerten
    üblicherweise durch
    diejenigen, die bewerten
    immer durch andere als
    diejenigen, die bewerten
    Bestätigung
    der Konformität
    • Prüfberichte • Inspektionsbericht
    • Schadensbericht
    • Zertifikat
    Gültigkeit
    der Konformitätsbestätigung
    gilt nur für die geprüften Proben
    und die Fertigungs- bzw. Lieferlose, die sie repräsentieren, und nur für den Zeitpunkt der Prüfung
    gilt nur für die inspizierten
    Produkte oder Prozesse, die durch den Inspektionsgegenstand repräsentiert werden und nur für den Zeitpunkt der Inspektion
    fortdauernde Gültigkeit
    über die Gegenstände der Bewertung und den Zeitpunkt der Bewertung hinaus
    Kennzeichnung
    des Konformitätsbewertungs-  
    gegenstands
    keine Kennzeichnung
    gefordert
    ggf. Kennzeichnung der Gegenstände,
    die inspiziert wurden
    Kennzeichnung der Gegenstände,
    für die die Zertifizierung gilt
    Genehmigungen
    bezüglich der Konformität
    keine Genehmigungen keine Genehmigungen Verwendung eines Zertifikates
    oder eines Konformitätszeichens
    Überwachung
    der Konformität
    keine Überwachung Überwachung kann
    vereinbart werden
    Überwachung notwendig
    © W.S. Werkstoff Service GmbH

    Alle Teile des Beitrags „Konformitätsbewertungen in der Werkstoffprüfung“ von Dr. Ingo Poschmann ( In der Fassung vom November 2012 ) gibt es hier zusammengefasst als PDF.

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  • 17. Juli 2019

    Kompetenz und Vertrauen – die Basis der Konformitätsbewertung


    Konformitätsbewertung Teil 9 –
    Kompetenz und Vertrauen – die Basis der Konformitätsbewertung

    Die bisherigen Ausführungen verdeutlichen die Vielzahl unterschiedlicher Konformitätsbewertungen:
    sie können von Anbietern (erste Seite), Anwendern (zweite Seite) oder unabhängigen Dritten (dritte Seite) durchgeführt werden,
    sie können auf der Basis von zertifizierten Managementsystemen, auf der Basis von Akkreditierungen oder ohne jede Zertifizierung bzw. Akkreditierung erfolgen,
    sofern sie durch eine akkreditierte Stelle durchgeführt werden, können sie in Form von Prüfungen, Inspektionen oder Zertifizierungen erfolgen.

    Die Wahl der Art der Konformitätsbewertung kann eine Frage des Vertrauens sein, welches man bezüglich des Gegenstandes der Konformitätsbewertung aufbauen will – zum Beispiel durch:
    eine Anbieter-Erklärung,
    eine Prüfungen eines unabhängigen Prüflabors an einem baugleichen Produkt,
    eine umfassende Inspektion des Produktes und der produktbezogenen Herstellungs- und Prüfprozesse durch eine akkreditierte Inspektionsstelle,
    eine Produktzertifizierung durch eine akkreditierte Zertifizierungsstelle inkl. Überwachungen und der Möglichkeit, Zertifikate oder Konformitätszeichen der Zertifizierungsstelle für die Kommunikation mit dem Anwender zu nutzen.

    Zusammenfassende Darstellung von Konformitätsbewertungsstellen, Konformitätsbewertungen und Konformitätserklärungen

    Die Wahl der geeigneten Konformitätsbewertung kann eine Frage des Grades von Vertrauen sein, das man den Adressaten der Konformitätsaussage geben will oder muss – zum Beispiel :
    Märkten und konkreten Anwendern,
    bestimmten Verbrauchern,
    Behörden.

    Die Wahl der Konformitätsbewertung kann bestimmt werden durch den Grad von Vertrauen in die Konformitätsbewertung selbst – zum Beispiel das Vertrauen in:
    Kompetenz der Organisationen und Personen, die die Konformität bewerten,
    Reproduzierbarkeit der Untersuchungen, die zur Konformitätsaussage geführt haben,
    Präzision von Prüf- und Messgeräten und damit Prüf- und Messergebnissen,
    Umgang mit Aufzeichnungen und vertraulichen Informationen inkl. Datensicherheit,
    Vergleichbarkeit von Konformitätsaussagen inkl. der Art ihrer Ermittlung und Bewertung.

    Schließlich können bei der Wahl von Art und Organisation der Konformitätsbewertung auch kommerzielle Erwägungen eine Rolle spielen, denn die Aufwendungen für die Konformitätsbewertung werden mit dem Grad der Komplexität und mit dem Umfang der notwendigen Arbeiten steigen. Anbieter-Erklärungen nach DIN EN ISO/IEC 17050, Prüfungen nach DIN EN ISO/IEC 17025, Inspektionen nach DIN EN ISO/IEC 17020 oder Produktzertifizierungen nach DIN EN 45011 mit wiederkehrenden Überwachungen werden natürlich unterschiedliche Kosten verursachen.

    Abschließend soll in diesem Zusammenhang noch einmal das Beispiel der Schadensanalyse aufgegriffen werden. Sofern diese spezielle Form der Konformitätsbewertung durchgeführt werden muss, stellt sich die Frage:
    Wer führt die Schadensanalyse durch?

    Ein „weithin bekannter“ Experte?
    Ein öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger?
    Ein nach DIN EN ISO/IEC 17025 akkreditiertes Prüflabor?
    Eine nach DIN EN ISO/IEC 17020 akkreditierte Inspektionsstelle?

    Bei dem Begriff Sachverständiger (bzw. „Gutachter“) handelt es sich dabei nicht um eine geschützte Berufsbezeichnung, sondern um die Charakterisierung einer Person, die in ihrem Fachgebiet besondere Sachkunde und überdurchschnittliches Fachwissen vorweisen kann, so wie es auch von dem Personal der Inspektionsstelle gefordert wird, das für sachverständige Beurteilungen verantwortlich ist.
    Schlussendlich ist die Wahl der Person bzw. Institution, die eine Schadensanalyse durchführen, eine Frage des Vertrauens,
    das dem Gegenstand der Konformitätsbewertung zugemessen wird,
    das beim Adressaten der Konformitätsaussage erzeugt werden soll,
    in die Kompetenz der Personen, die die Schadensanalyse durchführen,
    in den Prozess der Konformitätsbewertung und in das Umfeld, in dem sie zustande kommt.

    Sofern die Schadensanalyse durch eine akkreditierte Stelle durchgeführt wird, würde sich die Frage stellen „Prüflabor oder Inspektionsstelle?“ Grundsätzlich ist eine Schadensanalyse eine Sachverständigentätigkeit und damit eine Inspektionstätigkeit.
    Wenngleich Aufgaben und Kompetenz des Prüflabors nicht in der Durchführung von Inspektionen bestehen (selbst wenn Fachwissen beim Personal vorhanden ist), so ist die Durchführung von Schadensanalysen durch Prüflabore durchaus gängige, wenn auch hinterfragbare Praxis und entspricht nicht dem Gedanken der Normen DIN EN ISP/IEC 17020 und 17025.

    Losgelöst von der Frage „Prüflabor oder Inspektionsstelle?“ muss aber in jedem Falle gewährleistet sein, dass Verfahren für die Durchführung von Schadensuntersuchungen im Geltungsbereich der Akkreditierung verankert sind. Andernfalls kann die akkreditierte Stelle nicht für sich in Anspruch nehmen, im Sinne der Akkreditierung die Kompetenz für die Durchführung von Schadensanalysen zu besitzen.

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  • 28. Juni 2019

    Konformitätsbewertung und Messunsicherheit


    Konformitätsbewertung Teil 8 –
    Konformitätsbewertung und Messunsicherheit


    Die Messunsicherheit beschreibt die Genauigkeit einer Messung oder einer Prüfung. Die Prüfung ist eine Tätigkeit, die zu einer Feststellung führt, inwieweit ein Prüfobjekt eine Forderung erfüllt. Sie kann qualitativer oder quantitativer Art sein. Die Messung als „Spezialfall“ der Prüfung ist eine Tätigkeit, die zu quantitativen Aussagen über eine Messgröße führt – üblicherweise durch Angabe eines Zahlenwertes mit einer Einheit.

    Die Schwankungen der Prüfergebnisse und der Einfluss kleiner Stichproben werden durch die Messunsicherheit beschrieben. Sie definiert ein Intervall, das den Mittelwert der Stichprobe umgibt (Vertrauensintervall) und in dem sich der wahre Wert mit einer vorgegebenen Wahrscheinlichkeit (Vertrauensniveau) befindet. In der Laborpraxis ist ein Vertrauensniveau von 95% üblich.

    Werkstoffprüfungen können nie hundertprozentig genau sein. Schwankungen der Werkstoffeigenschaften im Probenvolumen, geringste Änderungen im Prüfprozess oder kleinste Änderungen im Prüfgerät führen zu Schwankungen der Prüfergebnisse. Die Auswirkungen solche Schwankungen auf die Prüfergebnisse müssen quantitativ beschrieben werden. Zudem kann der „wahre Wert“ einer Werkstoffeigenschaft aus wirtschaftlichen Gründen nie exakt ermittelt werden – dafür wären sehr viele Messungen nötig. In der Praxis werden nur kleine Stichproben geprüft und es muss eine statistische Aussage getroffen werden, wie genau die Ergebnisse kleiner Stichproben (speziell die Mittelwerte) die „wahren“ Werkstoffkennwerte repräsentieren.

    Die DIN EN ISO/IEC 17025 verlangt beispielsweise von akkreditierten Prüf- und Kalibrierlaboren, die Messunsicherheit zu berücksichtigen, wenn Konformitätsaussagen getroffen oder interne Kalibrierungen durchgeführt werden. Analoges gilt natürlich auch für eine akkreditierte Inspektionsstelle, sofern sie auf die Ergebnisse von Prüfungen zurückgreift.

    Anhand der nachfolgenden Abbildung soll der Zusammenhang zwischen Konformitätsbewertung und Messunsicherheit erläutert werden. Es wird eine normalverteilte Messgröße und ein 95%-Vertrauensniveau zugrunde gelegt. Die Lage des Maximums der Verteilung repräsentiert die Position des Mittelwertes und die Breite des grau schraffierten Bereiches am Fuße der Verteilung das Vertrauensintervall. Der senkrechte Balken kennzeichnet die Konformitätsgrenze – z.B. den mindestens zu erreichenden Messwert für eine Werkstoffeigenschaft. Alle Werte links von dieser Grenze sind dann nicht konform (Mindestwert nicht erreicht). Alle Werte rechts von dieser Grenze sind konform (Mindestwert erreicht).

    Zusammenhang zwischen Konformitätsbewertung und Messunsicherheit am Beispiel:

    Auf Basis des Messwertes soll über die Annahme oder Zurückweisung eines Produktes entschieden werden und es werden die folgenden sechs Fälle betrachtet:


    a) Mittelwert und Messunsicherheit der Messung weisen ein konformes Produkt aus. Es besteht kein Risiko bei der Annahme des Produktes.
    b) Mittelwert und Messunsicherheit der Messung weisen die Konformität des Produktes aus. Es besteht bei der Annahme des Produktes zwar ein Restrisiko von weniger als 5%, dies wird aber in der üblichen Praxis als akzeptabel angesehen.
    c) Der Mittelwert der Messung deutet auf ein konformes Produkt hin, aber unter Beachtung der Messunsicherheit ist eine eindeutige Konformitätsaussage nicht möglich. Wird das Produkt dennoch angenommen, besteht ein nicht unerhebliches Risiko, ein nicht-konformes Produkt zu übernehmen.
    d) Mittelwert und Messunsicherheit der Messung weisen ein nicht-konformes Produkt aus. Es besteht kein Risiko bei der Zurückweisung des Produktes.
    e) Mittelwert und Messunsicherheit der Messung weisen die Nicht-Konformität des Produktes aus. Es besteht bei der Zurückweisung zwar ein Restrisiko von weniger als 5%, dies wird aber in der üblichen Praxis als akzeptabel angesehen.
    f) Der Mittelwert der Messung deutet auf ein nicht-konformes Produkt hin, aber unter Beachtung der Messunsicherheit ist eine eindeutige Konformitätsaussage nicht möglich. Wird das Produkt dennoch zurückgewiesen, besteht ein nicht unerhebliches Risiko, ein konformes Produkt abgelehnt zu haben.

    Um Reklamationen zu vermeiden, sollten Mess- und Prüfergebnisse stets inkl. ihrer Messunsicherheiten im konformen Bereich einer Spezifikation oder Norm liegen (Grenzfall b). Reklamationen sind üblicherweise dann zulässig, wenn sich Mess- und Prüfergebnisse inkl. ihrer Messunsicherheit im nicht-konformen Bereich befinden (Grenzfall e).

    Keinesfalls dürfen Messunsicherheiten dazu verwendet werden, um Prüfergebnisse, die bezüglich einer Konformitätsaussage nicht eindeutig sind, aber eine Nicht-Konformität erkennen lassen, so zu interpretieren, dass sie anschließend als konform ausgewiesen werden (Fall f).


    Schon gewusst?!
    Zum Thema Messunsicherheit in der Materialprüfung und Werkstofftechnik gibt es gleich drei WS Spezial Seminare die sich diesem Thema widmen. Infos zu den Messunsicherheiten (MU) Seminaren finden Sie unter diesem Link

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  • 18. Juni 2019

    Konformitätsbewertung und Schadensanalyse


    Konformitätsbewertung – Teil 7
    Konformitätsbewertung und Schadensanalyse

    Im Rahmen von Schadensanalysen werden Produkte, Prozesse oder Einsatzbedingungen sowie Anforderungen für Produkte und Prozesse untersucht. Es ist daher eine naheliegende Frage, wie sich Schadensanalysen in die bisher beschriebenen Konformitätsbewertungen einordnen.

    Hilfreich ist hierbei die Richtlinie VDI 3822 des Vereins Deutscher Ingenieure. Sie beschreibt Grundlagen, Begriffe und die Durchführung von Schadensanalysen. Die VDI-Richtlinie charakterisiert einen Schaden als „Veränderungen an einem Produkt, durch die eine oder mehrere seiner vorgesehenen Funktionen wesentlich beeinträchtigt oder unmöglich gemacht werden“ und empfiehlt im Rahmen der Schadensanalyse folgendes Vorgehen:

    a) Schadensbeschreibung – u.a. Dokumentation des Schadensbildes, Dokumentation von Positionen und Maßen, Erfassung relevanter Betriebsdaten, ggf. Einordung des Schadteils in das gesamte Funktionssystem, innerhalb dessen es funktionieren soll

    b) Bestandsaufnahme – u.a. Erfassung der Rahmenbedingungen, denen das schadhafte Produkt ausgesetzt war. Erfassung der Schadteilhistorie (Fertigung, Prüfung, Einsatz, …), Bewertung der Konstruktion und des Werkstoffes, Analyse der Fertigung und der betrieblichen Nutzung,

    c) Formulierung von Schadenshypothesen als Arbeitsgrundlage für die nachfolgenden Untersuchungen und Bewertung ihrer Eintrittswahrscheinlichkeit und Nachweisbarkeit sowie ggf. Hinzuziehung von weiteren Sachverständigen für spezielle Fragestellungen,

    d) Durchführungen von Prüfungen (unter Beachtung eines Untersuchungsplans, der Wahl geeigneter Prüfverfahren und sinnhafter Probenentnahmen) mit dem Ziel, z.B. Werkstoff- und Gebrauchseigenschaften, verarbeitungsbedingte Eigenschaften und Belastungen zu erfassen,

    e) Auswertung der Prüfergebnisse und ihre Analyse hinsichtlich der Bestätigung oder Nichtbestätigung von Normen, Spezifikationen und der Schadenshypothesen sowie Entscheidung hinsichtlich Überprüfungen, Ergänzungen oder Änderungen der Punkte 2 bis 4,

    f) Ermittlung und Priorisierung der Schadensursachen und der schadensbegünstigen Einflüsse,

    g) Ableitung von Hinweisen zur Schadensabhilfe, welche sich beziehen können auf die eingesetzten Werkstoffe, die Konstruktion, die Fertigung, oder die Betriebsbedingungen,

    h) Erstellung eines Berichtes – der u.a. enthalten sollte: die Problemstellung, die durchgeführten Untersuchungen und ihre Bewertung, die Schadensursachen und Hinweise zur Schadensverhütung.

    Auch wenn die VDI-Richtlinie 3822 bezüglich der normativen Basis für die Schadensanalyse feststellt: „Als Grundlage werden die Normen DIN EN ISO 9001 und die DIN EN ISO/IEC 17025 angesehen“, so geht eine Schadensanalyse doch deutlich über eine Prüfung – also der Ermittlung von Merkmalen am Gegenstand einer Konformitätsbewertung nach einem Verfahren – hinaus.
    Die VDI-Richtlinie selbst ordnet die Schadensanalyse einer Sachverständigentätigkeit zu:

    Gegenüberstellung von Inspektion und Schadensanalyse als „Rückwärts-Inspektion“
    Gegenüberstellung von Inspektion und Schadensanalyse als „Rückwärts-Inspektion“


    Betrachtet man die Schadensanalyse im Kontext der vorgestellten Konformitätsbewertungen, so wird deutlich, dass sie eine Inspektionstätigkeit darstellt. Diese unterscheidet sich von der Prüfung vor allem durch die Komplexität des Bewertungsprozesses und die Bewertung nach allgemeinen Anforderungen, welche eine sachverständigen Beurteilung notwendig macht.

    Eine typische Fragestellung im Rahmen der Schadensanalyse wäre „Warum hat dieses Bauteils im Betriebseinsatz versagt hat, und wie kann man das zukünftig verhindern?“ Diese Frage ist sehr artverwand mit der Fragestellung an eine akkreditierte Inspektionsstelle „Ist die Festigkeit dieses Bauteils ausreichend, um unter typischen Betriebsbedingungen zuverlässig zu funktionieren?“

    Die Schadensanalyse kann man im Kontext der verschiedenen Konformitätsbewertungen in gewisser Weise als „sachverständige Rückwärts-Inspektion“ interpretieren.

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  • 22. Mai 2019

    Duplex-Stähle


    Duplex-Stähle zeichnen sich durch eine Kombination aus hervorragender Korrosionsbeständigkeit und sehr guten mechanischen Eigenschaften aus.

    Im Vergleich zu normalen nichtrostenden Stählen wie dem 1.4301 oder dem 1.4401 besitzen Duplex-Stähle einen mit >20% erhöhten Chromgehalt (Ferritbildner). Der Gehalt an Austenitbildnern (Ni, N, Mn) sowie die Wärmebehandlung werden derart eingestellt, dass bei Raumtemperatur ein ferritisches Gefüge mit lokalen Austenitinseln entsteht.

    Duplex-Stahl Aufnahmen | MaterialtestCenter der W.S. Werkstoff Service GmbH

    Durch diese spezielle Gefügeausbildung, welches die Kollegen aus dem W.S. MaterialtestCenter hier in den Lichtmikroskopaufnahmen präsentieren, bieten Duplex-Stähle im Gegensatz zu den üblichen CrNiMo-Stählen eine erhöhte Beständigkeit gegen Säureangriffe und Spannungsrisskorrosion. Bei letzterer wird der Riss an den Übergängen zwischen Ferrit und Austenit deutlich aufgehalten. Dieser Effekt sorgt unter anderem auch dafür, dass Duplex-Stähle gute mechanische Eigenschaften auch bei tiefen Temperaturen bis -100°C besitzen.

    Die beiden Bilder in größerer Darstellung:

    Bild: Duplex-Gefüge
    Duplex-Gefüge – Abb. 1: Duplex-Gefügestruktur im Querschliff unter dem Lichtmikroskop (hell: Ferrit, dunkel: Austenit)
    Duplex-Stahl Gefüge mit Austenit, Ferrit und Zwilling und Korngrenze
    Duplex-Gefüge – Abb. 2: Vergrößerung aus Abb. 1, feine Korngrenzen im Ferrit, Zwillingskorngrenzen im Austenit


    Zum Einsatz kommen Duplex-Stähle in Branchen wie der Chemie-, Bau- und Offshore-Industrie. Im vorliegenden Fall handelte es um ein geschmiedetes Bauteil aus einer Kunststoffverarbeitungsanlage.


    Bei weiteren Fragen zu ähnlich gelagerten Fällen helfen unsere Fachleute des ExpertCenters unseres akkreditierten Prüflabors gern weiter. Zu den Internetseiten des Materialtest– und ExpertCenters

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  • 16. Mai 2019

    Konformitätsbewertung durch die nationale Akkreditierungsstelle


    Konformitätsbewertung – Teil 6
    Konformitätsbewertung durch die nationale Akkreditierungsstelle

    Im Text wurden bislang die Aufgaben und Verantwortlichkeiten von Konformitätsbewertungsstellen wie zum Beispiel: Prüflaboren, Inspektionsstellen oder Zertifizierungsstellen beschrieben. Die Frage nach der Rolle der Akkreditierungsstelle im Konformitätsbewertungsprozess entspricht der Frage:

    Wer bewertet die Konformitätsbewerter?

    Dies ist die Aufgabe der nationalen Akkreditierungsstelle – der Konformitätsbewertungsstelle der Konformitätsbewertungsstellen. Für die nationale Akkreditierungsstelle ist die Norm DIN EN ISO/IEC 17011 relevant.

    Die Bezeichnung „akkreditiertes Prüflabor“ bedeutet, dass dem Labor durch die Akkreditierungsstelle die Kompetenz zugesprochen wurde, Konformitätsbewertungen in Form von Prüfungen vornehmen zu können.

    Die Bezeichnung „zertifiziertes Prüflabor“ bedeutet, dass dem Labor durch eine Zertifizierungs-stelle bestätigt wurde, dass ein Managementsystem installiert ist und wirksam angewendet wird:

    • z.B. ein Qualitätsmanagementsystem nach DIN EN ISO 9001
    • oder ein Umweltmanagementsystem nach DIN EN ISO 14001
    • oder ein Arbeitssicherheitsmanagementsystem nach OHSAS 18001.

    Zertifizierung bedeutet nicht, dass dem Labor die Kompetenz zuerkannt wurde, Konformitätsbewertungen in Form von Prüfungen oder Messungen durchzuführen.

    Die Tätigkeit der nationalen Akkreditierungsstelle, der Deutschen Akkreditierungsstelle GmbH (DAkkS), basiert auf der EU-Verordnung Nr. 765/2008 und dem deutschen Akkreditierungsstellengesetz (AkkStelleG). Die DAkkS ist seit dem 01.01.2010 alleinige Akkreditierungsstelle in Deutschland, erfüllt hoheitliche Aufgaben und ist daher vom Bund mit den Aufgaben der nationalen Akkreditierungsstelle beliehen. An die DAkkS und ihre Mitarbeiter werden in besonderem Maße Anforderungen an Unabhängigkeit, Unparteilichkeit und Integrität gestellt. Dies nicht zuletzt wegen der Tatsache, dass sie hoheitliche Aufgaben wahrnehmen und die letzte Instanz in der „Konformitätsbewertungskette“ darstellen.


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  • 15. Mai 2019

    Konformitätsbewertung durch die akkreditierte Zertifizierungsstelle


    Konformitätsbewertung – Teil 5
    Konformitätsbewertung durch die akkreditierte Zertifizierungsstelle

    Die Kernkompetenz der akkreditierten Zertifizierungsstelle besteht in der Durchführung von Zertifizierungen. Das sind Konformitätsentscheidungen und -bestätigungen, ob festgelegte Anforderungen bezogen auf Produkte, Prozesse, Systeme oder Personen erfüllt werden. Zertifizierungen durch eine akkreditierte Zertifizierungsstelle sind stets Konformitätsbewertungen durch eine dritte Seite und für verschiedene Bereiche der Werkstoffprüfung relevant:

    • Prüflabore sind mitunter nicht akkreditiert, sondern nach DIN EN ISO 9001 zertifiziert durch eine Zertifizierungsstelle, die ihrerseits nach DIN EN ISO/IEC 17021 akkreditiert ist.
    • Personal für die zerstörungsfreie Prüfung kann z.B. nach DIN EN 473 bzw. ISO 9712 zertifiziert sein durch eine Zertifizierungsstelle, die ihrerseits nach DIN EN ISO/IEC 17024 akkreditiert ist.
    • Produkte oder Prüfverfahren können durch eine Zertifizierungsstelle zertifiziert sein, die nach DIN EN 45011 akkreditiert ist.

    In der Akkreditierungsurkunde der Zertifizierungsstelle und den zugehörigen Anlagen sind die Bereiche und Verfahren gelistet, für die der Zertifizierungsstelle durch die Akkreditierungsstelle die Kompetenz bestätigt wurde – dies ist der Geltungsbereich der Akkreditierung der Zertifizierungsstelle. Die Zertifizierung (z.B. nach DIN EN 45011) folgt dem funktionalen Ansatz der DIN EN ISO/IEC 17000 am weitgehendsten und umfasst die:

    • Ermittlung und Bewertung der Konformität eines Produktes oder Prozesses, wobei die Konformitätsbewertungskriterien eindeutig aus den im Geltungsbereich der Akkreditierung definierten Normen bzw. normativen Dokumenten hervorgehen müssen,
    • Entscheidung über die Konformität, die nicht von den Personen getroffen werden darf, die die Konformität ermittelt bzw. bewertet haben,
    • Konformitätsbestätigung in Form eines Zertifikates,
    • regelmäßige Überwachung der zertifizierten Produkte oder Prozesse.

    Für Konformitätsermittlung nach DIN EN 45011 kann die Zertifizierungsstelle auf verschiedene Methoden zurückgreifen – z.B. auf Prüfungen, Audits oder auf die Bewertung von Entwicklungs-unterlagen. So wie die Prüfung eine Untersuchungsmethode der Inspektionsstelle sein kann, so kann die Inspektion Teil der Konformitätsermittlung im Rahmen einer Zertifizierung sein.

    Eine Zertifizierungsstelle darf Tätigkeiten wie z.B. die Konformitätsermittlung und –bewertung im Unterauftrag vergeben, jedoch ist die Kompetenz des Unterauftragnehmers durch die Zertifizierungsstelle mit geeigneten Methoden zu ermitteln, die Gesamtverantwortung für den Zertifizierungsprozess muss bei der Zertifizierungsstelle bleiben und die Konformitätsentscheidung muss durch die Zertifizierungsstelle selbst mit fachkundigem Personal getroffen werden.

    Da die Zertifizierung nach DIN EN 45011 nicht für einen Zeitpunkt, sondern für einen Zeitraum ausgesprochen wird, muss die akkreditierte Zertifizierungsstelle unter anderem:

    • Verfahren für die regelmäßige Überwachung der Konformität haben,
    • ihre Kunden verpflichten, sie über alle geplanten Veränderungen am Gegenstand der Konformitätsbewertung zu informieren,
    • Festlegungen treffen, inwieweit Veränderungen am Gegenstand der Konformitätsbewertung zusätzliche Untersuchungen notwendig machen,
    • Regelungen für die Verwendung von Zertifikaten und Konformitätszeichen haben.

    Die Anforderungen an die Zertifizierungsstelle nach DIN EN 45011 gehen insofern über die Anforderungen an die akkreditierte Inspektionsstelle hinaus, als dass es bei der akkreditierten Zertifizierungsstelle um noch mehr Unparteilichkeit und Unabhängigkeit und damit um Vertrauen geht. Das äußert sich u.a. in folgenden Anforderungen an die Zertifizierungsstelle:

    • Sie muss frei sein von äußeren Zwängen kommerzieller oder finanzieller Art, und sie müssen ihre finanzielle Stabilität und Leistungsfähigkeit nachweisen.
    • Sie und der Antragsteller für eine Zertifizierung müssen einem formalisierten Antragsverfahren folgen, welches sicherstellt, dass der Antragsteller seine Rechte und Pflichten sowie die der Zertifizierungsstelle kennt und Klarheit über den Ablauf der Zertifizierung erlangt.
    • Sie und das von ihr (auch im Unterauftrag) eingesetzte Personal dürfen im Zusammenhang mit dem Zertifizierungsgegenstand nicht beraten oder sonstige Tätigkeiten durchführen, die ihre Unabhängigkeit gefährden könnten.
    • Sie muss die Konformitätsbewertung von der Konformitätsentscheidung personell trennen
    • Sie muss besondere Vorkehrungen für den Schutz von Aufzeichnungen und sonstigen Informationen treffen, um Vertraulichkeit zu gewährleisten.
    • Sie muss eine Aufsicht haben, die u.a. die Einhaltung der grundsätzlichen Regeln und die finanzielle Situation überwacht

    Zusammenfassend liegt der Schwerpunkt der Tätigkeit einer nach DIN EN 45011 akkreditierten Zertifizierungsstelle in der:

    • Ermittlung und Bewertung der Konformität eines Produktes oder Prozesses,
    • Entscheidung über die Konformität durch Personen, die nicht bewertet haben,
    • Ausgabe einer Konformitätsbestätigung in Form eines Zertifikates,
    • regelmäßige Überwachung der zertifizierten Produkte oder Prozesse.
    Schematische Darstellung des Konformitätsbewertungsprozesses einer akkreditierten Zertifizierungsstelle

    Die Konformitätsbestätigung der akkreditierten Zertifizierungsstelle gilt nicht nur für den Zeitpunkt der (erstmaligen) Konformitätsermittlung und –bewertung, sondern bei regelmäßiger Überwachung auch für Zeiträume darüber hinaus.

    Eine typische Fragestellung an eine akkreditierte Zertifizierungsstelle wäre: „Kann eine Erklärung ausgestellt werden, dass Bauteile aus dem Werkstoff W123, die mit dem Verfahren V456 hergestellt werden, stets die Mindestfestigkeit von XXX nach Norm N789 erreichen?“

    Der Konformitätsentscheidung gehen dabei Konformitätsermittlungen voraus, die sich aus Prüfungen, Inspektionen oder Audits zusammensetzen können, und die die Analyse von Bauteilen, von Herstellungs- und Prüfprozessen aber auch von Qualitätsmanagementsystemen und Personalqualifikationen zum Inhalt haben können.

    Schematisierung der sich überlagernden Aktivitäten von Prüflabor, Inspektionsstelle und Zertifizierungsstelle (DIN EN 45011) hinsichtlich der Konformitätsermittlung
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  • 10. Mai 2019

    „Klassischer Lunker“


    Klassischer Lunker
    Schnell und unkompliziert hat das W.S. MaterialtestCenter auffallend ungewöhnliche Zugversuchs- und Kerbschlagbiegeversuchsergebnisse intern weiter verfolgt. Die Kollegen fanden nicht nur in kurzer Zeit den Verursacher, sondern wurde bei der Ursachenforschung auch noch mit einer auffallend schönen und detailreichen REM Aufnahme eines „klassischen“ Lunkers belohnt.


    Welche Auswirkungen Lunker auf die mechanisch-technologischen Kennwerte eines Bauteils hat, war vor kurzem wieder in einem Zugversuch im W.S. MaterialtestCenter zu beobachten. Bei der Prüfung einer B10x50 Rundzugprobe (Abb. 1) aus einem gegossenen Isolator erreichte wurde lediglich eine Dehnung von A=4% erreicht, erwartet wurden jedoch A=20%. Ebenso verringerten sich die Festigkeitswerte in Folge der Kerbwirkung um etwa die Hälfte.
    In der anschließend mithilfe des Rasterelektronenmikroskops durchgeführten Fraktografie wurde zwischen den wabenförmigen Gewaltbruchanteilen ein Lunker entdeckt (Abb. 2). Dieser ist an den vielen rundlichen Strukturen erkennbar, welche entstehen, wenn flüssiges Metall innerhalb des Hohlraums frei erstarren kann und Dendritenstrukturen bildet.

    Rundzugprobe (Abb. 1)
    REM-Aufnahme bei 80x Vergrößerung – Abb.2: *Rundliche Erstarrungsstrukturen ( siehe Pfeil)* eines Lunkers inmitten eines Gewaltbruchs
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  • 24. April 2019

    Blick durchs REM: Stromdurchschlag im Kugellager


    Blick durch das Rasterelektronenmikroskop:
    Stromdurchschlag im Kugellager

    Stromdurchschläge an metallischen Bauteilen in Folge fehlgeleiteter Ströme sind ein bekanntes Phänomen in der Schadensanalyse. Bei zusätzlich kontaktbeanspruchten Bauteilen wie Kugellagern setzen Stromdurchschläge häufig Verschleißmechanismen in Gange, welche wiederum die eigentliche Ursache für das Versagen – den Stromdurchschlag – durch die Zerstörung der Laufflächen verschleiern.

    Die Rasterelektronenmikroskop-Aufnahmen zeigen den Vergleich einer intakten Lauffläche (linkes Bild) und einer durch Stromschlag geschädigten Fläche (rechtes Bild). Die intakte Lauffläche zeichnet sich dabei durch zahlreiche feine, parallel verlaufende Bearbeitungsriefen aus, während die geschädigte Fläche dagegen vollständig riefenfrei, dafür jedoch vernarbt erscheint. Die einzelnen Blitze erzeugen derart hohe Temperaturen, dass die Oberflächen lokal aufgeschmolzen werden. In der Regel erstarren sie danach blitzartig wieder, weil das darunter liegende Material die Wärme entzieht und es entstehen rundliche Schmelzkrater.

    Bei Betrachtung der lediglich 2 µm großen Schmelzkrater im Vergleich zur großen Gesamtfläche von mehreren Quadratzentimetern wird deutlich, dass es in diesem Kugellager wohl zu millionenfachen Stromdurchschlägen gekommen sein muss.

    Die beiden Abbildungen in größerem Format:

    Abb. 2: Zu erwartendes Aussehen einer Lauffläche
    Abb. 1: Schmelzkrater/- perlen durch Stromdurchschlag // Metallische Schmelzperle im Kugellager

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  • 1. April 2019

    Schwingbruch – Anbaukonsole

    Schwingbruch – Anbaukonsole

    1) Sachverhalt
    Die Anbaukonsole einer Drehmomentstütze einer Regionalbahn ist im Betrieb nach 16 Jahren gebrochen (Abb. 1), die übliche Lebensdauer liegt hier bei 30 Jahren. Hierbei kann die Drehmomentstütze im schlimmsten Fall während der Fahrt ins Gleisbett fallen und so zu einer Entgleisung führen, was glücklicherweise nicht passiert ist.


    Abb. 1: Gebrochene Anbaukonsole einer Drehmomentstütze

    2) Werkstoff und Einsatzbedingungen
    Die Drehmomentstütze dient der Abstützung der Drehmomente von Motor und Bremse an den Drehgestellrahmen. Die Anbaukonsole war dabei als Schweißkonstruktion mit Doppelkehlnähten beidseitig an den Rahmen angeschweißt und wurde aus dem Werkstoff S355 ausgeführt.

    3) Schadensanalyse
    Bei der Schadensanalyse standen zum einen lichtmikroskopische Untersuchungen der Schweißverbindung sowie die rasterelektronenmikroskopische Beurteilung der Bruchfläche im Vordergrund. Hierbei zeigte sich, dass die Konsolen alle in Form eines Ermüdungsbruches versagt haben, ausgehend von der Schweißverbindung (Abb. 2).

    Abb. 2: Makroskopische Darstellung der Bruchfläche mit deutlichen Rastlinien (Abb. 2a) Schwingstreifen zeigen die Art des Bruches und die Richtung des Bruchverlaufs an (Abb. 2b).

    Die Schweißverbindung ist eine nicht voll durchgeschweißte Doppelkehlnaht, an der sich an den nicht angebundenen Stellen der Blechverbindung Ermüdungsrisse aufgrund erhöhter Kerbwirkung gebildet haben. Die metallographische Untersuchung der Gegenseite, die nicht gebrochen ist, zeigt bereits Ermüdungsanrisse in der Schweißverbindung (Abb. 3).

    Abb. 3: Mikroschliff längs durch die nicht gebrochene Gegenseite (Abb. 3a). Ermüdungsanrisse ausgehend vom vorhandenen Hohlraum (Abb. 3b).

    4) Schlussfolgerungen
    Die Ausführung der Schweißkonstruktion als nicht vollständig durchgeschweißte Variante ist im Hinblick auf eine dynamische Beanspruchung nicht optimal. Dies kann, wenn wie im vorliegenden Fall die inneren Hohlräume entsprechend geometrisch ausgebildet sind, ein Ermüdungsriss ausgehend von diesen inneren Kerben zum Bauteilversagen führen.

    Die internationale Norm DIN EN 15085-3, die die Konstruktionsvorgaben für geschweißte Bauteile an Schienenfahrzeugen regelt, empfiehlt bei dynamisch belasteten Bauteilen die Schweißverbindungen, wenn nicht vermeidbar als voll durchgeschweißte Variante auszuführen, um innere Kerben zu vermeiden (Abb. 4).

    Abb. 4: Abhilfemaßnahme durch Änderung der Schweißkonstruktion im Hinblick auf eine dynamische Ermüdungsbeanspruchung.

    Möglichkeiten zur Verringerung der Schweißnahtgüteklasse führen gleichzeitig zu einer Verbesserung im Ermüdungsverhalten

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