7. August 2012

Was sind eigentlich … Messunsicherheiten? Teil 3 – Analytische Ermittlung der Messunsicherheit für die Leitfähigkeit

Im Teil 3 des Blogsbeitrags wollen wir die Unsicherheit bei der Messung der elektrischen Leitfähigkeit σ diskutieren. Dafür verwenden wir die folgende Formel, die einem einfachen Modell entspricht, das nicht alle Einflussgrößen beinhaltet, aber das Wesentliche zeigt:

Die Formel besagt, dass der ohmsche Widerstand R eines Leiters gleich seiner Länge l dividiert durch seine Leitfähigkeit σ und seinen Querschnitt A ist. Wir stellen die Formel nach σ um und nehmen an, dass unser Leiter einen quadratischen Querschnitt mit der Kantenlänge a hat (das macht die Formeln etwas einfacher). Mit A = a2 erhalten wir:

Die Formel erfüllt die Anforderungen an ein mathematisches Modell nach GUM-Leitfaden. Zudem liefert uns die Formel unsere Messvorschrift. Und die lautet: „Miss die Länge l und die Kantenlänge a des Leiters. Ermittle seinen ohmschen Widerstand R. Berechne aus l, a und R die Leitfähigkeit σ.“

Wir wollen zwei verschiedene Varianten für die Ermittlung der Messunsicherheiten diskutieren. Variante 1 ist ein analytischer Ansatz, der das mathematische Modell nutzt. Variante 2 ist ein statistischer Ansatz, der Referenzmaterial voraussetzt. Variante 2 wird Gegenstand von Teil 4 dieses Beitrages werden.

Variante 1 erfordert ein wenig höhere Mathematik (Ermittlung des totalen Differentials für σ) und einige weitere Rechenschritte. Das Ergebnis ist die nachfolgende Formel, in der ul , uR , uadie einfachen Unsicherheiten bei der Messung von Länge l, Widerstand R und Kantenlänge a sind. Die kombinierte maximale Messunsicherheit uσ für die Leitfähigkeit ist dann:

Die drei Brüche in der Formel sind die sogenannten Empfindlichkeitskoeffizienten cl , cR , ca, die mit Hilfe der gemessenen Werte berechnet oder experimentell ermittelt werden. Kompakt geschrieben, erhalten wir folgende Formel (die Betragszeichen „verhindern“ negativen Unsicherheitsbeiträge):

Wie werden die Messunsicherheiten ul , uR , ua bestimmt? Wird die Länge der zu messenden Metallstabes mit einem Lineal ermittelt, dann entspricht die Unsicherheit der Längenmessung der halben Skalenteilung STl des Lineals dividiert durch 3 (Rechteckverteilung der Messwerte). Die einfache Messunsicherheit der Widerstandsmessung wird zum Beispiel als Wert ZR dem Zertifikat des benutzten Multimeters entnommen. Wird die Kantenlänge a mit einem analogen Messschieber gemessen und gelegentliches Verkannten des Messschiebers berücksichtigt, dann entspricht die Unsicherheit der halben Skalenteilung STm des Messschiebers dividiert durch 6 (Dreieckverteilung der Messwerte).

Mit den oben angegebenen Formeln für uσ wird die maximale Messunsicherheit ermittelt (alle Unsicherheiten addieren/verstärken sich). In der Realität werden sich die Unsicherheitsmechanismen aber nicht ständig maximal verstärken. Dem trägt die nachfolgende Formel Rechnung, die eine kombinierte mittlere quadratische Messunsicherheit beschreibt:

Die Verwendung mittlerer quadratischer Unsicherheiten ist die übliche Verfahrensweise bei der Messunsicherheitsberechnung. Unsere Messunsicherheit uσ beschreibt ein Vertrauensintervall, in dem der wahre Wert mit einer Wahrscheinlichkeit von ca. 68% liegt. Ist eine größere Sicherheit nötig, dann muss die Messunsicherheit mit einem Faktor k erweitert werden:

U ist die erweiterte Messunsicherheit, und k = 2 findet man häufig, wenn sich der wahre Wert der Messgröße mit 95%iger Wahrscheinlichkeit innerhalb des Intervalls befinden soll, das durch U definiert wird.

Allerdings ist die Anwendung „einfacher“ Erweiterungsfaktoren wie 2, 3, … oft nicht ganz korrekt!

Den nächsten Teil der Serie „Was sind eigentlich … Messunsicherheiten?“ finden Sie unter diesem Link Teil 4 (Ermittlung der Messunsicherheit mit statistischen Methoden).
Mehr zum Thema Messunsicherheiten gibt es in unserem „Anwenderseminar Messunsicherheiten“. Informationen zum Seminar finden Sie unter: www.messunsicherheit.info

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