Wie funktioniert eigentlich … Ultraschallprüfung?
Bei der Ultraschallprüfung wird Schall zur Analyse von Entfernungen, dem Innenleben und den Eigenschaften von Werkstoffen und Bauteilen eingesetzt. Das klingt abstrakt, aber das hat jeder schon im Alltag gemacht: Das Klopfen gegen eine Wand, um dünne Stellen aufzufinden; das Werfen eines Steines in einen Schacht, um die Tiefe zu bestimmen, oder das Zählen der Sekunden zwischen Blitz und Donner, um die Entfernung zum Gewitter zu berechnen – all das ist nichts anderes als der Einsatz von Schall und Schallechos.
Was aber ist Schall? Alle Stoffe sind aus mehr (Festkörper) oder weniger (Gase oder Flüssigkeiten) dicht gepackten Atomen oder Molekülen zusammengesetzt. Versetzt man diesen einen Impuls, dann „stößt“ jedes Teilchen mit seinen Nachbarn zusammen und übergibt dabei seine Impulsenergie. Dieses Prinzip kann man auch bei den Kugeln eines Billardspiels beobachten. Der Impuls-Effekt breitet sich durch den Stoff aus, und eine Dichteschwankungwandert durch den Körper. Die Teilchen selbst bewegen sich dabei nur um ihre Ruhelage – sie schwingen wieder an ihren Ausgangsort zurück – aber die Energie des Impulses wird durch das ganze Medium weitergeleitet. Eine Schallwelle – also eine periodische Dichteschwankung im Werkstoff – ist entstanden.
Über kurz oder lang trifft die Schallwelle auf ein Hindernis – die Oberfläche des Werkstückes oder einen Materialfehler. Die Welle wird dort als Echo zurückgeworfen (auch hier analog zur Billardkugel, die an der Bande zurückgeworfen wird und weiter über den Tisch rollt) und von einem Empfänger aufgenommen. Im menschlichen Körper ist das das Trommelfell, in der Ultraschallprüfung der Sensor des Prüfkopfes.
Kennt man die Schallgeschwindigkeit, so kann man aus der Dauer der Bewegung des Schalls auf zurückgelegte Entfernungen schließen und z.B. Wand- oder Schichtdicken bestimmen. Hat man eine Referenz (weiß man also, welche Ultraschall-Signale ein fehlerfreies Werkstück liefern sollte) und erhält aber andere Signale, dann kann man dadurch auf Fehler im Bauteil schließen.
Bleiben wir bei unserer Billardkugel: Beim Rollen über den Tisch wird sie langsamer und bleibt schließlich stehen; Ursachen sind Energieverlust an der Bande und Reibung durch das Tischtuch und die Luft. Das gleiche geschieht mit unserer Schallwelle: Bei Reflektionen an Wänden und Hindernissen verliert sie Energie, während des Weges durch das Werkstück streut der Schall am Gefüge (in zufällige Richtungen verteilt) und wird absorbiert (vom Gefüge „geschluckt“). Zusätzlich breitet sich der Schall immer weiter in alle Richtungen aus, die vorhandene Energie verteilt sich auf immer größere Flächen. Wie auch im Alltag wird mit zunehmender Entfernung der Schall immer schwächer wird, verliert sich der Ultraschall im Werkstück nach einer gewissen Zeit und Strecke.
Alle Verluste zusammen bilden die Schallimpedanz – den Schallwiderstand. Bei der Ultraschall-Prüfung werden dadurch die Signale bei langem Schallweg oder starker Schallschwächung immer kleiner, und die Auswertung wird komplizierter.
Ultraschall arbeitet mit Frequenzen außerhalb des menschlichen Hörvermögens – üblicherweise 2-4 MHz, also 2-4 Millionen Schwingungen pro Sekunde (zum Vergleich: Menschen nehmen Schwingungen zwischen 16 und 16.000 Hz wahr). Im menschlichen Körper wird das Senden (durch die Stimmbänder) und das Empfangen (durch das Trommelfell) von Schallwellen arbeitsteilig erledigt. Bei der Ultraschallprüfung gibt es Prüfköpfe, die ebenso arbeitsteilig funktionieren, aber auch solche, die sowohl senden, als auch empfangen.
Realisiert wird dies durch piezoelektrische Kristalle. Legt man an diese einen elektrischen Wechselstrom an, fangen die Kristalle an hochfrequent zu schwingen. Dadurch erzeugt der Prüfkopf Schallwellen, wenn er auf einem Bauteil liegt und angekoppelt wurde. Ankopplung bedeutet, durch ein Koppelmittel (z.B. Wasser, Kleister oder Öl) einen nahtlosen Übergang des Schalls aus dem Prüfkopf in das Werkstück zu ermöglichen. Findet die Schallwelle den Weg zurück zum Kristall, versetzt sie ihn in Schwingung, und dabei erzeugt der Kristall selbst einen elektrischen Strom, der vom Gerät registriert und in ein Messsignal umgewandelt wird. Je stärker dabei der Schall ist, umso stärker die erzeugte Schwingung, und umso stärker das elektrische Signal.
Der Sensor in der UT-Prüfung ist der Prüfkopf. Nach Anwendungsgebiet können verschieden große Prüfköpfe, Frequenzen und Typen verwendet werden. Für sehr kleine Bauteile werden z.B. häufig sog. Miniatur-Prüfköpfe mit einem ca. 10mm großen Schwingerdurchmesser verwendet. Für sehr präzise Messungen wählt man in der Regel hohe Prüffrequenzen (die zu kleineren Ultraschall-Wellenlängen und damit höherer Genauigkeit führen).
Die zuvor dargestellte senkrechte Einschallung (Senkrechtprüfkopf – SPK) ist der simpelste Fall; häufig lässt die Geometrie dies aber nicht zu. Für besonders dünne Bauteile oder die Prüfung im Oberflächenbereich werden Sender-Empfänger-Prüfköpfe (SE-PK, getrennte Sende- und Empfangselemente) verwendet, die die Bereiche unmittelbar unter der Bauteiloberfläche prüfen. Macht die Geometrie eine schräge Einschallung nötig, werden Winkelprüfköpfe (WPK) verwendet, z.B. bei der Nahtprüfung an Schweißnähten.
Blechdickenmessung mit einem Sender-Empfänger-Prüfkopf (rechts).
Winkelprüfköpfe haben eine weitere Besonderheit: Sie arbeiten mit einer anderen Wellenart als Senkrecht- oder SE-Prüfköpfe. Senkrecht- und SE-Prüfköpfe verwenden hauptsächlich Longitudinalwellen, Winkelköpfe dagegen hauptsächlich Transversalwellen. Dabei handelt es sich um unterschiedliche Ausbreitungsarten von Schallwellen in einem Medium. Longitudinalwellen breiten sich in Schwingungsrichtung aus, kommen in allen Medien vor und sind (im selben Material) schneller als Transversalwellen. Einer Longitudinalwelle entspricht in etwa die Bewegung von Menschen beim Schunkeln. Bei Transversalwellen schwingen die Teilchen senkrecht zur Ausbreitungsrichtung der Schallwelle, sie treten nur in Feststoffen auf und sind (im selben Material) langsamer als Longitudinalwellen. Einer Transversalwelle entspricht die Bewegung einer Laola-Welle in einem Fußballstadion.
Ein Vergleich der Größenordnungen der Schallgeschwindigkeiten:
- Luft 330 m/s (Longitudinal)
- Wasser 1480 m/s (Longitudinal)
- Schmiedestahl 5920 m/s (Longitudinal)
- Schmiedestahl 3255 m/s (Transversal)
Erzeugung einer Transversalwelle durch einen Hammerschlag auf die Längsseite es Stabes (unten).
Die eigentliche Signal-Darstellung am Ultraschall-Prüfgerät ähnelt der eines Oszilloskops. Aus der Position des Signales kann die Entfernung zum Reflektor (Wand, Materialfehler, …) abgeleitet werden, aus Form und Größe (und mit Prüferfahrung) auch die Art des Reflektors (Riss, Lunker, …) In vielen Fällen kann ein erfahrener Ultraschallprüfer einen Flankenbindefehler (fehlende Verschweißung) von einer Pore (Gaseinschluß), einem Lunker (Schwindungsholraum durch Abkühlen von Gußteilen) oder von Dross (Ablagerungen im Guß, die zur Oberfläche aufsteigen) unterscheiden. Die folgende Abbildung zeigt einige mögliche Signalformen und –Arten, die bei der Ultraschallprüfung gefunden werden können.
2. Schrägeinschallung mit großem Fehlersignal und üblicherweise sind weder Sendeimpuls noch Rückwandecho sichtbar,
3. Viele Fehlersignale mit geschwächtem Rückwandecho; der Sendeimpuls fehlt auch hier, da Prüfung mit SE-PK,
4. Ein Lunker im Bauteil absorbiert bzw. streut den Schall. Weder Fehler- noch Rückwandecho sichtbar.
Eine 100%ige Aussage – der Fehler ist genau dort und ist exakt so groß – ist mit konventionellem Ultraschall (im Gegensatz zu bildgebenden Verfahren wie z.B. VT oder RT) zwar nicht möglich, in der Praxis kann aber zuverlässig auf wenige Zehntelmillimeter genau gemessen werden.
Wie in allen Verfahren der zerstörungsfreien Prüfung wird auch bei der Ultraschallprüfung anhand von Referenzen geprüft – eine Anzeige wird in Bezug auf bereits bekannte Justiergrößen bewertet. Für eine Wanddickenmessung wird daher im Vorfeld an bekannten Dicken des gleichen Materials justiert, die ähnliche Maße aufweisen wie das Prüfobjekt; für eine Schweißnahtprüfung werden Vergleichskörper verwendet, deren Material, Geometrie und Referenzfehler dem Prüfobjekt ähneln.
Wird auf Fehler geprüft, kennt das Verfahren zwei wesentliche Bewertungsmaßstäbe – DAC und AVG. Bei der DAC-Methode (Distance Amplitude Correction – Korrektur der Amplitude in Abhängigkeit zur Entfernung) wird eine Vergleichskurve am Gerät aufgenommen, die die Ultraschallechos eines Referenzfehlers für verschiedene Schallwege darstellt – z.B. für Schallwege von 20mm, 40mm, 60mm, 80mm und 100mm. Anschließend wird der Prüfgegenstand untersucht, und die dort gefundenen Signale werden unter Beachtung der jeweiligen Reflektortiefe (Entfernung) mit den Referenzechos verglichen.
Die AVG-Methode (Abstand, Verstärkung, Größe) nimmt ebenfalls eine Kurve auf – allerdings rein rechnerisch anhand von physikalischen Gesetzen, die die Veränderung von Signalen in Bezug auf Entfernung und Größe beschreiben. Der Prüfer hat hier weniger zu tun – moderne Geräte machen hier fast die „ganze Arbeit“. Während aber DAC für fast alle Materialien, Prüfköpfe und Geometrien funktioniert, findet man die Anwendung von AVG häufig nur bei „normalen“ Prüfköpfen, Werkstücken aus Stahl und einfachen Geometrien.
Alle Folgeanzeigen werden danach bewertet, ob sie über oder unter dieser Kurve liegen.
Die UT-Prüfung ist ein flexibles Werkzeug der zerstörenden Werkstoffprüfung. Von der Rissprüfung über Schichtdickenmessungen bis hin zu Wanddickenmessungen können viele Prüfaufgaben realisiert werden. Für die Lösung verschiedener Prüfaufgaben kann ein einziges Gerät und ein Satz jeweils passender Prüfköpfe eingesetzt werden. Ein entsprechend ausgerüsteter Prüfer kann schnell auf verschiedene Situationen und Anforderungen reagieren. Durch Verfahren wie die Gruppenstrahler-Prüfung oder TOFD nehmen die Genauigkeit und die Bandbreite der Anwendungsmöglichkeiten der Ultraschallprüfung weiter zu.
Categories TrainingCenter, Zerstörungsfreie Prüfung
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