8. November 2011

Wie funktioniert eigentlich … Fluoreszenz?

Die Fluoreszenz von Stoffen kommt in vielen Bereichen der Werkstoffprüfung zum Einsatz, z.B. bei der Magnetpulverprüfung und der Spektralanalyse. Namensgeber des Wortes Fluoreszenz ist das Mineral Fluorit (auch Flussspat oder Calciumfluorid genannt), welches unter UV-Strahlung blau-violett leuchtet. Fluoreszenz bedeutet physikalisch, einen Stoff durch Strahlung zum Strahlen anzuregen.

Wie Fluoreszenz technisch angewendet wird, soll am Beispiel der Oberflächenrissprüfung eines Bauteils mit fluoreszierenden Prüfmitteln erklärt werden. Dazu betrachten wir im ersten Bild das sichtbare Spektrum der Sonne. Das abgebildete Spektrum beinhaltet Absorptionseffekte der Atmosphäre und der Wolken – das erklärt den etwas „unsteten“ Verlauf und die tiefen Einschnitte. Wichtig für uns sind die folgenden Punkte:

  • Das menschliche Auge kann elektromagnetische Strahlung mit Wellenlängen im Bereich von ca. 400 nm (violettes Licht) bis ca. 700 nm (rotes Licht) wahrnehmen. Diese Strahlung nennen wir Licht.
  • Die Strahlungsenergie nimmt mit zunehmender Wellenlänge ab. Violettes Licht ist energiereicher als rotes Licht.
  • Sonnenlicht hat seine höchste Intensität bei einer Wellenlänge von etwa 550 nm. Diese entspricht gelb-grünem Licht, welches sich etwa in der Mitte des für uns sichtbaren Spektrums befindet.
  • Das menschliche Auge hat sich im Laufe der Evolution auf das Spektrum der Sonne eingestellt. Mit anderen Worten: Unser Auge ist da am leistungsfähigsten, wo es das meiste Licht (hohe Intensität) angeboten bekommt. Deshalb kann unser Auge gelb-grünes Licht besonders gut wahrnehmen.

Das nächste Bild zeigt das Spektrum einer UV-Leuchte, wie sie bei der Rissprüfung mit fluoreszierenden Prüfmitteln verwendet wird. Die folgenden Punkte sind für uns wichtig:

  • Ein relativ schmaler Peak befindet sich jenseits des violetten Lichtes. Dieser Peak kennzeichnet die von der UV-Leuchte abgegebene ultraviolette Strahlung.
  • Den anderen und recht breiten Peak findet man jenseits des roten Lichtes. Dieser Peak kennzeichnet die von der UV-Leuchte abgegebene infrarote Strahlung (Wärmestrahlung).
  • Die Intensität der von der UV-Leuchte abgegebenen Strahlung ist im Bereich 400 nm bis 700 nm nahezu null. In anderen Worten: Die UV-Leuchte gibt praktisch kein sichtbares Licht ab. Aus diesem Grunde nennt man UV-Leuchten umgangssprachlich auch „Schwarzlichtlampen“.

Nun kommen wir zurück zur Rissprüfung eines Bauteils. Die verfolgt das Ziel, auch kleinste Fehler mit hoher Empfindlichkeit nachzuweisen. Zunächst müssen wir dafür sorgen, dass sich Prüfmittel im Bereich der Risse ansammelt (siehe Beitrag Magnetpulverprüfung ). Für den Nachweis des Prüfmittels an diesen Bereichen werden Kontrastunterschiede genutzt:

  • Farbkontraste – z.B. rotes Prüfmittel auf weißem Grund,
  • Helligkeitskontraste – leuchtendes Prüfmittel auf dunklem Grund

Mit Helligkeitskontrasten arbeitet man, wenn man besonders hohe Nachweisempfindlichkeiten erreichen will. Würden wir aber ein reflektierendes Prüfmittel einfach mit Licht anstrahlen, dann würden wir natürlich auch die Bauteiloberfläche anstrahlen und wir hätten „leuchtendes Prüfmittel auf leuchtendem Grund“. Das produziert also keinen Kontrast.

Stattdessen gehen wir wie folgt vor: Das Prüfmittel wird mit einer fluoreszierenden Substanz versehen. Bei Eindringprüfmitteln ist diese Substanz im Eindringmittel gelöst, bei Magnetpulverprüfmitteln sind die Magnetpulverteilchen mit einer fluoreszierenden Substanz beschichtet. Wird diese Substanz einer ultravioletten Strahlung ausgesetzt, so werden in dieser Substanz Elektronen angeregt, die beim „Abregen“ eine andere Strahlung – nämlich Licht – aussenden (siehe Beitrag Spektrometrie ).

Jetzt haben wir alle Fakten zusammen, um die Bedeutung der Fluoreszenz für die Rissprüfung zu erklären und betrachten dazu das dritte Bild:

  • Wir nutzen ein Prüfmittel mit einer fluoreszierenden Substanz. Wird diese Substanz angeregt, dann sendet sie Licht aus. Was für Licht sollte das sein? Natürlich Licht, das wir besonders gut wahrnehmen können: Gelb-grünes Licht mit einer Wellenlänge von ca. 550 nm.
  • Wir bestrahlen die Bauteiloberfläche mit ultravioletter Strahlung, und das aus zwei Gründen:
    • Wir benötigen eine Strahlung, deren Energie mindestens der Energie des gelb-grünen Lichtes entspricht, um das fluoreszierende Prüfmittel anregen zu können. UV-Strahlung hat sogar deutlich mehr Energie als gelb-grünes Licht.
    • Wir benötigen für den Hell-Dunkel-Kontrast eine „Anregungs-Strahlung“, die unser Auge nicht wahrnehmen kann (Stichwort Schwarzlichtlampe).
  • Unter Wirkung der UV-Strahlung beginnt das Prüfmittel zu leuchten. Da wo ein Riss ist, hat sich Prüfmittel gesammelt und da wo kein Riss ist, ist auch kein Prüfmittel. Folglich finden wir eine leuchtende Anzeige auf dunklem Grund vor.

Der intensitätsstarke und breite Peak im infraroten Bereich des Spektrums der UV-Leuchte spielt für die Fluoreszenz keine Rolle: Die Leuchte produziert im infraroten Bereich zwar sehr viele Strahlungsteilchen (hohe Intensität), aber deren Energie ist zu gering, um die fluoreszierende Substanz anzuregen. Dazu eine Analogie aus dem Alltagsleben: Soll ein Geschoss eine Glasscheibe durchschlagen, so kommt es allein auf die Energie des Geschosses an. Mit Tischtennisbällen funktioniert das nicht, selbst wenn man Tausende davon wirft. Ein einziger Stein aber kann ausreichen.

Wie funktioniert die Fluoreszenz bei der Röntgenfluoreszenzanalyse mit einem RFA-Spektrometer? Nun, zunächst erzeugt dieses Gerät Röntgenstrahlen mit Hilfe einer Miniatur-Röntgenröhre. Das Spektrum dieser Röntgenstrahlung ist vergleichbar mit dem der Sonne (Bild 1), hat aber viel höhere Energien. Diese Röntgenstrahlen treffen auf die zu analysierende Probe und regen dort Elektronen an, die beim „Abregen“ Strahlung aussenden – und zwar Röntgenstrahlung.

Und ab hier könnte man im Beitrag Spektrometrie weiterlesen …

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