• 2. November 2011

    Wie funktioniert eigentlich MagnetpulverprĂŒfung?

    Die MagnetpulverprĂŒfung ist wie alle zerstörungsfreien PrĂŒfverfahren die praktische Anwendung eines physikalischen Effektes bzw. einer physikalischen Eigenschaft. In unserem Fall heißt die physikalische Eigenschaft PermeabilitĂ€t. Das Wort PermeabilitĂ€t bedeutet DurchlĂ€ssigkeit – und zwar die DurchlĂ€ssigkeit eines Werkstoffes fĂŒr magnetische Feldlinien.

    Werkstoffe reagieren unterschiedlich auf Magnetfelder. Im folgenden Bild befinden sich Bauteile (WĂŒrfel) in einem Magnetfeld H. Dadurch wird im Bauteil ein Magnetfeld B (die magnetische Flussdichte) erzeugt. Die Physik des Magnetismus ist recht kompliziert, aber vereinfacht kann man sich die PermeabilitĂ€t als das VerhĂ€ltnis der Feldlinienanzahl im Inneren des Bauteils (B) zur Anzahl der Ă€ußeren Feldlinien (H) vorstellen:

    • Stoffe, die weniger Feldlinien aufnehmen, als außen vorhanden (Bild links), nennen wir Diamagnete. Diamagnete, wie z.B. Kupfer, haben eine sehr kleine PermeabilitĂ€t.
    • Stoffe, die etwas mehr Feldlinien aufnehmen, als außen vorhanden (Bild Mitte), nennen wir Paramagnete. Paramagnete, wie z.B. Aluminium oder Luft, haben ebenfalls eine sehr kleine PermeabilitĂ€t.
    • Stoffe, die sehr viel mehr Feldlinien aufnehmen, als außen vorhanden (Bild rechts), nennen wir Ferromagnete. Ferromagnete, wie z.B. Eisen oder Nickel, haben eine sehr große PermeabilitĂ€t.

    In Ferromagneten fĂŒhrt die hohe PermeabilitĂ€t dazu, dass Ă€ußere Magnetfelder im Werkstoff extrem verstĂ€rkt werden. Ferromagnetische Werkstoffe „saugen“ Feldlinien geradezu auf, wie ein trockener Schwamm das Wasser. Das nutzen wir bei der MagnetpulverprĂŒfung ferromagnetischer Werkstoffe. Die MagnetpulverprĂŒfung wird mitunter auch als magnetischer Lecktest bezeichnet, und in der Tat hat sie einiges gemeinsam z.B. mit der ÜberprĂŒfung der Dichtheit eines Fahrradschlauches.

    Das folgende Bild zeigt ein ferromagnetisches Bauteil mit einem Riss – den wollen wir finden. Um ein Loch im Fahrradschlauch zu finden, pumpen wir den Schlauch mit Luft auf. Um den Riss im Bauteil zu finden, „pumpen“ wir das ferromagnetische Bauteil mit Feldlinien auf – wir magnetisieren es. Dabei erzeugen wir im Innern des Bauteils zahlreiche Feldlinien, die das Bauteil ausfĂŒllen. Im Bereich des Risses gibt es aber ein Problem. Ein Riss ist nicht mit einem ferromagnetischen Material „gefĂŒllt“, sondern z.B. mit Luft.

    Luft aber ist paramagnetisch, und die vielen Feldlinien dĂŒrfen nicht einfach den Riss passieren, denn Luft kann nur wenige Feldlinien aufnehmen. Einige Feldlinien können, wie im Bild skizziert, unter den Riss „ausweichen“. Die ĂŒberwiegende Zahl der Feldlinien aber muss das Bauteil im Bereich des Risses verlassen und kann erst hinter dem Riss wieder ins Bauteil „eintauchen“. Die Feldlinien, die das Bauteil verlassen, nennen wir den magnetischen Streufluss. Der Streufluss befindet sich da, wo sich der Riss befindet, und er ist vergleichbar mit der Luft, die aus einem Loch im Fahrradschlauch entweicht.

    Wie wir den Streufluss S nachweisen, zeigt das nĂ€chste Bild. Wir können zum einen mit einer Sonde (im Bild links eine Spule) ĂŒber die BauteiloberflĂ€che fahren. Bewegt sich die Spule durch das Feld des Streuflusses, dann wird in der Spule eine Spannung induziert, die mit einem geeigneten MessgerĂ€t nachgewiesen werden kann. Diese PrĂŒftechnik nennt man Streuflusstechnik.

    Wir können aber auch die Magnetpulvertechnik anwenden. Dazu tragen wir sehr kleine, ferromagnetische Teilchen (Magnetpulver) auf die BauteiloberflĂ€che auf. Das geschieht ĂŒblicherweise mit einer TrĂ€gerflĂŒssigkeit, um die Beweglichkeit des Magnetpulvers auf der BauteilflĂ€che zu erhöhen. Ist ein Riss vorhanden, so lagern sich die Magnetpulverteilchen lĂ€ngs des Risses an. Warum tun sie das?

    Dort, wo der magnetische Streufluss das Bauteil verlĂ€sst, bildet sich ein Magnetpol, und dort wo der Streufluss wieder ins Bauteil eintritt, bildet sich der magnetische Gegenpol. Die Magnetpulverteilchen werden also von den Magnetpolen im Bereich des Risses angezogen, eingefangen und festgehalten. Und sind sie einmal in Position, so wirken diese ferromagnetischen Teilchen fĂŒr die Feldlinien des Streuflusses wie BrĂŒcken, ĂŒber die die Feldlinien auf kĂŒrzestem Wege wieder ins Bauteil gelangen (Bild rechts).

    Jetzt mĂŒssen wir noch dafĂŒr sorgen, dass wir die winzigen Magnetpulverteilchen schnell und zuverlĂ€ssig auf der BauteiloberflĂ€che entdecken. Dazu werden die Teilchen mit einer HĂŒlle aus einem Farbstoff bzw. einem fluoreszierenden Stoff versehen. Insbesondere die PrĂŒfung mit fluoreszierendem Pulver und einem Ultraviolett-Strahler sorgt fĂŒr sehr hohe PrĂŒfempfindlichkeit.

    Im Falle des beschĂ€digten Fahrradschlauchs weisen wir die entweichende Luft mit einer Seifenlösung und die sich darin bildenden Blasen nach – wo die Blasen entstehen, da ist das Loch. PrĂŒfen wir ferromagnetische Bauteile, dann finden wir die „magnetische Leckage“ mit Hilfe von Sonden oder Magnetpulver.

    Ganz wichtig bei der MagnetpulverprĂŒfung ist die Magnetisierungsrichtung – also die Orientierung des inneren Magnetfeldes zum möglichen Riss. In den oben dargestellten Bildern ist das Magnetfeld senkrecht zum Riss orientiert. Im nĂ€chsten Bild betrachten wir ein Magnetfeld, das parallel zum Riss verlĂ€uft. Wir sehen, dass sich die Feldlinien in diesem Falle ganz einfach an die Geometrie anpassen und keinerlei Streufluss entsteht. Wenn aber kein Streufluss existiert, dann können wir den Riss auch nicht nachweisen.

    Wir erkennen, dass es Orientierungen des Magnetfeldes zum Riss gibt, fĂŒr die der Riss nicht nachgewiesen werden kann. FĂŒr einen guten Nachweis mĂŒssen Riss und Magnetfeld nicht genau senkrecht zueinander orientiert sein – aber eine parallele Orientierung zueinander ist definitiv sehr schlecht fĂŒr die Risserkennung. Üblicherweise wissen wir nicht, in welche Richtung die Risse orientiert sind – wir mĂŒssen bei der Magnetisierung von jeder beliebigen Rissorientierung ausgehen und entsprechend magnetisieren. Wie machen wir das? DafĂŒr gibt es mehrere Möglichkeiten:

    • Wir magnetisieren in zwei unterschiedliche Richtungen – z.B. zweimal 90° versetzt. So erfolgt ĂŒblicherweise die MagnetpulverprĂŒfung von SchweißnĂ€hten mit einem Handjoch.
    • Wir erzeugen ein rotierendes Magnetfeld, das alle Richtungen ĂŒberstreicht. Das geschieht auf elektronischem Wege und wird kombinierte PrĂŒfung genannt.
    • Wir können das Bauteil (und damit die möglichen Risse) durch ein konstantes Magnetfeld rotieren lassen. So funktioniert die Mindener Spule fĂŒr die MagnetpulverprĂŒfung von EisenbahnrĂ€dern.

    MagnetpulverprĂŒfung bzw. StreuflussprĂŒfung anzuwenden bedeutet also, PermeabilitĂ€tsunterschiede zu finden. Die Magnetpulvertechnik und die magnetische Streuflusstechnik „kennen“ keine Risse. Sie reagieren auf den PermeabilitĂ€tsunterschied, den ein Riss hervorruft, denn das Bauteil ist ferromagnetisch, die Luft im Riss aber paramagnetisch. HĂ€tten wir eine „magnetische FlĂŒssigkeit“ mit genau derselben PermeabilitĂ€t wie das Bauteil, und wĂŒrden wir mit dieser FlĂŒssigkeit den Riss fĂŒllen, so wĂŒrden Magnetpulvertechnik und Streuflusstechnik versagen.

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  • 31. Oktober 2011

    Wie funktioniert eigentlich 
 Spektrometrie?

    Die Spektrometrie wird in zahlreichen Gebieten der Physik, Chemie und Technik eingesetzt – von der Analyse der inneren Struktur von Atomkernen bis hin zum Studium der AblĂ€ufe chemischer Reaktionen. Gegenstand dieses Beitrages sind spektrometrische Verfahren fĂŒr die Analyse der chemischen Zusammensetzung von Werkstoffen – speziell die optische Emissionsspektrometrie (OES) und die Röntgenfluoreszenzanalyse (RFA).

    Um zu verstehen, wie Spektrometrie funktioniert, machen wir zunĂ€chst einen Abstecher in die Welt der Atome. Wir betrachten ein einfaches Modell, in dem die Elektronen den Atomkern umkreisen. Die Elektronen bewegen sich dabei nicht „irgendwo“, sondern auf ganz bestimmten Bahnen (Schalen). Im Bild ist ein Magnesiumatom dargestellt. Zwei seiner 12 Elektronen bewegen sich auf der innersten Schale. Die nĂ€chste Schale besteht aus 2 Unterschalen mit 2 bzw. 6 Elektronen. Die dritte Schale besteht aus 3 Unterschalen, die Platz fĂŒr 2, 6 bzw. 10 Elektronen bieten – beim Magnesium ist nur die erste Unterschale mit 2 Elektronen besetzt.

    Die Anzahl der Elektronen pro Schale kann unterschritten werden (dazu kommen wir noch), darf aber niemals ĂŒberschritten werden. Die skizzierte Abfolge der Elektronenschalen (2, 2+6, 2+6+10, 
) ist fĂŒr jedes chemische Element identisch. Auch die ElektronenhĂŒlle des Wasserstoffatoms verfĂŒgt ĂŒber all die genannten Elektronenschalen, sein einziges Elektron hĂ€lt sich aber â€žĂŒblicherweise“ auf der innersten Schale auf.

    Die Elektronenschalen der verschiedenen chemischen Elemente unterscheiden sich nur hinsichtlich ihrer Besetzung (je nach Anzahl der Elektronen des Elementes) und hinsichtlich des Schalendurchmessers und damit hinsichtlich der Energie, die jedes Elektron auf seiner Schale hat. Elektronen haben auf ihren Schalen „unverwechselbare“ Energien, die charakteristisch fĂŒr das konkrete chemische Element sind.

    Je weiter weg vom Kern die Bahn eines Elektrons verlĂ€uft, desto mehr Energie hat das Elektron. Elektronen wĂŒrden sich aber am „liebsten“ auf den innersten Schalen aufhalten, denn sie streben einen Zustand minimaler Energie an. Die PlĂ€tze pro Schale sind aber streng limitiert, und wenn die inneren PlĂ€tze besetzt sind, dann mĂŒssen die Elektronen mit den Ă€ußeren Schalen „vorlieb nehmen“. Nun haben wir alle „atomphysikalischen Grundlagen“ fĂŒr die Spektralanalyse zusammen, schreiten zur praktischen Umsetzung und betrachten dabei das nachfolgende Bild:

    Teilschritt 1 der Spektrometrie ist die Anregung. Wir fĂŒhren der zu untersuchenden Probe Energie zu (Bild links) mit dem Ziel, Elektronen aus ihren Schalen herauszuschlagen und auf weiter außen gelegene Schalen zu befördern (Bild Mitte). Die Energiezufuhr erfolgt dabei ganz unterschiedlich – z.B:

    • bei der Anregung mit induktiv gekoppeltem Plasma (ICP) durch Magnetfelder,
    • bei der OES mit Funken oder Bogenanregung durch elektrischen Strom,
    • bei der RFA durch energiereiche Röntgenstrahlung,
    • bei der Flammenspektrometrie durch Feuer.

    Was ist das Ziel der Anregung? Wir erinnern uns, dass Elektronen sich am „liebsten“ auf den innersten Schalen aufhalten. Wird auf einer inneren Schale ein Platz frei, dann wird dieser umgehend durch ein Elektron besetzt, das sich weiter außen befindet. Auf der Ă€ußeren Schale hat das Elektron jedoch mehr Energie als auf der inneren Schale. Diese Energie muss das Elektron abgeben, wenn es nach Innen springen will. Das geschieht durch Emission von Strahlung – dies ist Teilschritt 2 der Spektrometrie (Bild rechts).

    Die abgegebene Strahlung entspricht der Energiedifferenz zwischen der Schale, von der das Elektron springt und der Schale, auf die das Elektron springt. Da aber die Energien der beiden Schalen charakteristisch fĂŒr das jeweilige chemische Element sind, ist es auch deren Energiedifferenz. In anderen Worten: Die freigesetzte Strahlung kennzeichnet das jeweils angeregte chemische Element absolut eindeutig wie ein „elektromagnetischer Fingerabdruck“.

    Teilschritt 3 der Spektrometrie ist die Zerlegung der von den Elektronen ausgesandten Strahlung fĂŒr die nachfolgende Spektralanalyse. Nach der Anregung trifft in der Messeinheit des Spektrometers eine große Menge Strahlung ein (von allen möglichen ElektronenĂŒbergĂ€ngen aller möglichen chemischen Elemente der Probe) – die muss aber zerlegt werden, um sie anschließend nach Ihrer Energie (und damit nach dem jeweiligen chemischen Element) „sortieren“ zu können.

    Das folgende Bild zeigt die Strahlung, die bei der Anregung von Helium im sichtbaren Bereich entsteht. Das Licht des Heliums wurde durch Beugung an einem Gitter in seine einzelnen Spektrallinien zerlegt. Der obere Teil des Bildes stellt die Spektrallinien selbst dar, der untere Teil die Analyse dieser Spektrallinien nach ihrer IntensitÀt und WellenlÀnge (kennt man die WellenlÀnge, dann kennt man automatisch auch die Energie).

    Wenn ein modernes Spektrometer z.B. eine Stahlprobe mit vielen chemischen Elementen analysiert, dann entstehen unzĂ€hlige Spektrallinien (die des Eisens, des Kohlenstoffs, des Siliziums, 
), und ein modernes Hochleistungsspektrometer „sieht“ nach der Zerlegung der Strahlung Tausende von Spektrallinien.

    Der Teilschritt 4 besteht aus der Analyse der Energie und der IntensitĂ€t der Spektrallinien. Die Energien der Spektrallinien geben Auskunft ĂŒber die chemischen Elemente, aus denen die Probe zusammengesetzt ist. Die IntensitĂ€ten der Spektrallinien geben Auskunft ĂŒber die Konzentration der jeweiligen chemischen Elemente in der Probe: Viele gleichartige Atome (hohe Konzentration) fĂŒhren zu vielen gleichartigen SprĂŒngen, diese produzieren viele identische Strahlungsteilchen, und IntensitĂ€t ist nichts anderes als die Anzahl der Strahlungsteilchen.

    Nun folgt der Teilschritt 5. Und der hat damit zu tun, dass das, was das Spektrometer misst (nĂ€mlich Energien und IntensitĂ€ten) nicht das ist, was den Anwender interessiert (nĂ€mlich die Namen der chemischen Elemente und deren Konzentrationen in der Probe). Um den Zusammenhang zwischen Energie und chemischem Element einerseits und IntensitĂ€t und Konzentration andererseits herzustellen, sind in der Datenbank des Spektrometers Kalibrierkurven (Programme) fĂŒr die Zuordnung hinterlegt:

    • Energie -> chemisches Element (z.B. mit Hilfe der Ordnungszahl) und
    • IntensitĂ€t -> Konzentration.

    Die Messeinheit des Spektrometers leitet also die gemessenen Energien und IntensitĂ€ten an den Computer des Spektrometers weiter, der „schaut“ in seiner Kalibrierkurven-Datenbank nach und kann so jeder Energie ein bestimmtes chemisches Element zuordnen und jeder IntensitĂ€t eine Konzentration. Je prĂ€ziser die Kalibrierkurven sind, desto prĂ€ziser ist auch die auf dem Monitor des Spektrometers angezeigte chemische Analyse.

    Spektrometrie ist wie kollektives bungee jumping fĂŒr Elektronen. Wir treiben unzĂ€hlige Elektronen mittels Energie „nach oben“ und sehen ihnen dann dabei zu, wie sie wieder nach unten springen. Art und Anzahl der SprĂŒnge verraten uns, welche chemischen Elemente in welcher Menge in der Probe enthalten sind.

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  • 24. Oktober 2011

    Was ist eigentlich 
 Spannbeton? (Eigenspannungen – Teil 1)

    Spannbeton „lebt“ von seinen Eigenspannungen. Was Eigenspannungen sind, welche große Bedeutung sie fĂŒr Bauteile haben, und wie sie erzeugt werden, das soll in diesem und in weiteren BeitrĂ€gen beschrieben werden. Das Thema „Spannbeton“ ist sehr gut zum Einstieg in das Sujet „Eigenspannung“ geeignet. Dann steigen wir mal ein:

    Beton ist ein außerordentlich vielseitiger Werkstoff mit zahlreichen StĂ€rken. Dazu gehört u.a., dass Beton sehr hohe DruckkrĂ€fte ertragen kann – das nutzen wir zum Beispiel beim Bau hoher GebĂ€ude. Wo StĂ€rken sind, gibt es natĂŒrlich auch SchwĂ€chen. Dazu gehört die sehr geringe Zugfestigkeit des Betons. Schon relativ geringe ZugkrĂ€fte fĂŒhren dazu, dass Beton reißt. Nun gibt es aber zahlreiche AnwendungsfĂ€lle im Baubereich, wo ZugkrĂ€fte ertragen werden mĂŒssen, wo man aber dennoch gern den sehr flexiblen Baustoff Beton einsetzen möchte. Geht das? Ja, mit Spannbeton.

    Dazu brauchen wir einige Stangen aus hochfestem Stahl, in unserem Bild drei an der Zahl. Hochfest bedeutet, dass die Zugfestigkeit (Kraft, bei der die Stange reißt) und die Streckgrenze (Kraft, bei der sich die Stange erstmals makroskopisch sichtbar verformt) außerordentlich hoch sind.

    Diese Zugfestigkeit und Streckgrenze gestatten uns, die Stahlstangen mit einer Zugspannung (← →) sehr stark vorzuspannen, so wie es im nĂ€chsten Bild zu sehen ist. Dabei dehnen wir die Stangen nur elastisch. Das bedeutet, dass sie ihre UrsprungslĂ€nge wieder annehmen wĂŒrden, wenn die Zugkraft verschwindet.

    Wir halten die Stahlstangen, die sich z.B. in einer Form befinden, mit einer Spannvorrichtung unter dieser Zugspannung und fĂŒllen die Form nun mit Beton. Der Beton hĂ€rtet aus und geht mit den Stahlstangen eine kraftschlĂŒssige und formschlĂŒssige Verbindung ein. KraftschlĂŒssig, weil ReibungskrĂ€fte Bewegungen zwischen Beton und StahloberflĂ€che verhindern, formschlĂŒssig, weil die Stahlstangen meist gerippt sind und ihr OberflĂ€chenprofil eine Bewegung zwischen Beton und Stahlstange verhindert. Ist der Beton ausgehĂ€rtet, dann stehen die Stahlstangen natĂŒrlich immer noch unter Zugspannungen wogegen der Beton mehr oder weniger spannungsfrei ist – das zeigt das nachfolgende Bild.

    Jetzt werden die ZugkrĂ€fte „abgeschaltet“ – z.B. indem das ausgehĂ€rtete Betonbauteil aus der Spannvorrichtung genommen wird. Sobald die ZugkrĂ€fte nicht mehr an den Stahlstangen angreifen, wollen sich diese natĂŒrlich zusammenziehen. Das tun sie dann auch, und zwar gegen den Widerstand des Betons, der eigentlich keine Veranlassung sieht, sich auch zusammenzuziehen. Er wehrt sich also tapfer, wird aber dennoch etwas zusammengepresst.

    Wegen der „Gegenwehr“ des Betons können sich die Stahlstangen nicht vollstĂ€ndig entspannen. Das Ergebnis ist, dass die Stahlstangen immer noch unter Zugspannungen stehen, welche bei Weitem nicht mehr so hoch sind wie im vorgespannten Zustand. Der Beton aber gerĂ€t unter Druckspannung (→ ←), weil er ja gezwungen wird, sich etwas zusammenzuziehen. Das verdeutlicht das nĂ€chste Bild.

    Wir haben nun ein Betonbauteil, auf das keine Ă€ußeren KrĂ€fte (oder Spannungen) mehr wirken, in dessen Inneren es aber Spannungen gibt: Zugspannungen in den Stahlstangen und Druckspannungen im Beton. Solche Spannungen, die ohne das Wirken Ă€ußerer KrĂ€fte vorliegen, nennen wir Eigenspannungen. Eigenspannungen können die FunktionsfĂ€higkeit eines Bauteils sehr stark zum Guten oder zum Schlechten beeinflussen. In unserem Fall tun sie es natĂŒrlich zum Guten. Warum?

    Dazu betrachten wir das letzte Bild. Wenn jetzt auf das Betonbauteil eine Ă€ußere Zugspannung (<= =>) wirkt, dann ĂŒberlagern sich Ă€ußere Spannung und die im Inneren wirkenden Eigenspannungen. Das Ergebnis ist, dass die Stahlstangen wieder unter starke Zugspannungen geraten, was auf den Werkstoff Stahl aber keine Auswirkung hat. Im Beton ĂŒberlagern sich Ă€ußere Zugspannung und innere Druckeigenspannung und solange das Ergebnis der Überlagerung keine zu hohe „Gesamt-Zugspannung“ bewirkt, kann der Beton auch erhebliche Ă€ußere ZugkrĂ€fte ertragen, ohne dass er reißt.

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  • 19. Oktober 2011

    QualitĂ€tssicherung – damals, vor einigen Jahren 


    QualitĂ€tssicherung – damals, vor einigen Jahren 


    König Hammurapi von Babylon ließ im Jahre 1800 vor Christus die Rechtssprechung seiner Zeit und seines Reiches in Stein meißeln. Der Codex Hammurapi ist eine der Ă€ltesten Gesetzessammlungen der Welt und regelte in 281 Paragraphen die verschiedensten Dinge des Lebens: Fragen zur Familie, zu Eigentum und Besitz, zu kaufmĂ€nnische Angelegenheiten, zu Straftaten und zur Haftung. Letzteres kann man im weitesten Sinne als qualitĂ€tssichernde Maßnahme verstehen. Lesen wir doch mal „rein“: Continue reading QualitĂ€tssicherung – damals, vor einigen Jahren 


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  • 13. Oktober 2011

    Nobelpreis fĂŒr Chemie 2011 an einen Werkstoffwissenschaftler vergeben!

    Nobelpreis fĂŒr Chemie 2011 an einen Werkstoffwissenschaftler vergeben! 

    Daniel Shechtman erhĂ€lt den diesjĂ€hrigen Nobelpreis fĂŒr Chemie fĂŒr seine Entdeckung, dass Atome in Metallen sich in nichtperiodischen, fĂŒnfzĂ€hligen, quasikristallinen Strukturen anordnen können. Was bedeutet das nun, und worin besteht die Leistung von Shechtman?

    Um das besser zu verstehen, wechseln wir den Beruf und werden Fliesenleger. Die jungen Fliesenleger lernen, dass man einen Raum lĂŒckenlos mit dreieckigen, viereckigen oder sechseckigen Fliesen fĂŒllen kann. Das zeigen die Bilder. Eine dreieckige, gleichschenklige Fliese kann man 3 x um 120° drehen und in jedem der drei FĂ€lle wĂŒrde sie wieder in das Fliesenmuster passen. So etwas nennt man dreizĂ€hlige Symmetrie. Viereckige Fliese könnten wir 4 x um 90° drehen und sechseckige Fliese sogar 6 x um 60°, ohne dass sich irgendetwas Ă€ndert. Wir können eine FlĂ€che lĂŒckenlos mit drei-, vier- oder sechseckigen Fliesen fĂŒllen und erhalten dabei in jeder Richtung ganz periodische Anordnungen – Fliese fĂŒr Fliese fĂŒr Fliese 


      

    Ähnliche Strukturen finden die Werkstoffwissenschaftler auch in Metallen. Atome ordnen sich in periodischen Kristallstrukturen, deren Symmetrie z.B. dreizĂ€hlig, vierzĂ€hlig (Quadrat: 4 x 90°) oder sechszĂ€hlig ist. Eins aber war immer ein Tabu fĂŒr die Werkstoffwissenschaftler – eine fĂŒnfzĂ€hlige Symmetrie. Ganz analog zum Fliesenleger, der mit fĂŒnfeckigen Fliesen keine FlĂ€che lĂŒckenlos ausfĂŒllen kann.

    Wie erkennen die Werkstoffleute solche Symmetrien? NatĂŒrlich nicht direkt mit dem bloßen Auge – dafĂŒr sind unsere „Metall-Fließen“ viel zu klein. Werkstoffwissenschaftler nutzen indirekte Nachweise – z.B. durch die Beugung von Elektronen- oder Röntgenstrahlen. Das Bild zeigt ein vierzĂ€hliges Elektronen-Beugungsmuster eines Metalls, in dem die Atome „wĂŒrfelförmig“ angeordnet sind. Shechtman fand nun aber Beugungsmuster, die fĂŒnfeckig waren. Das war „verboten“!

    Kehren wir mit diesem Gedanken zurĂŒck zu unseren Fliesenlegern und stellen uns vor, dass es eine „goldene Regel“ in der Fliesenlegerinnung gibt, die heißt: „Anordnungen mit fĂŒnfzĂ€hliger Symmetrie sind unmöglich“. Und nun kommt „Fliesenleger Shechtman“ und sagt: „Ich hab was FĂŒnfeckiges gefunden“. Wie begeistert wird die Fliesenlegerinnung wohl gewesen sein? Gar nicht! Shechtman musste mehrere Jahre kĂ€mpfen, um seine Ergebnisse gegen den Widerstand der „etablierten Wissenschaft“ ĂŒberhaupt veröffentlichen zu dĂŒrfen. Seine Ergebnisse wurden von anerkannten Gelehrten als falsch oder als Spinnerei abgetan. Den Nobelpreis erhĂ€lt er circa 30 Jahre nach seiner Entdeckung.

    Wie können sich Atome in fĂŒnfzĂ€hligen Strukturen anordnen, obwohl man mit FĂŒnfecken keine FlĂ€che lĂŒckenlos fĂŒllen kann? Wie das geht, zeigt das Bild:

    Man nehme zwei spezielle Typen von gleichseitigen Rauten (also Vierecken!), deren spitze Winkel 72° bzw. 36° betragen und ordne sie, wie im Bild dargestellt. Die FlĂ€che ist nun vollstĂ€ndig gefĂŒllt, aber wir erhalten keine periodische Anordnung wie bei den drei-, vier- und sechseckigen Fliesenmustern. Wenn man sich genauer ansieht, in welche Richtungen die Kanten der Rauten zeigen, so findet man fĂŒnf unterschiedliche Richtungen – das ist unsere fĂŒnfzĂ€hlige Symmetrie! Ordnen sich Atome so an, dann nennt das der Werkstoffwissenschaftler Quasikristall – soll heißen, es gibt keine periodische RegelmĂ€ĂŸigkeit, aber es gibt auch keine LĂŒcken.

    WofĂŒr hat Shechtman nun den Nobelpreis bekommen?
    ‱ Weil er Einzigartiges gefunden hat.
    ‱ Weil er RevolutionĂ€res gedacht hat.
    ‱ Weil er seine Überzeugung verteidigt hat.
    ‱ Weil er die Welt der Werkstoffwissenschaften verĂ€ndert hat.
    ‱ Und außerdem haben Quasikristalle ganz interessante und nĂŒtzliche Eigenschaften 


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  • 13. Oktober 2011

    Was sind eigentlich 
 Versetzungen?

    Versetzungen begegnen uns vor allem in Metallen. Dort sind die Atome ganz regelmĂ€ĂŸig angeordnet und bilden auf diese Art Kristalle. Was könnten wir mit einem Metall wie z.B. Eisen anfangen, in dessen Inneren sich die Atome absolut perfekt, ohne jede Abweichung – also ohne jeden Kristallbaufehler – angeordnet haben? Die vielleicht ĂŒberraschende Antwort: Herzlich wenig!

    So ĂŒberraschend es klingt: Metalle funktionieren nur durch Ihre Kristallbaufehler. Und der sicher wichtigste unter diesen Kristallbaufehlern ist die Versetzung. Versetzungen machen z.B. die plastische Verformung von Metallen erst möglich und bestimmen Festigkeit und ZĂ€higkeit eines Werkstoffes entscheidend.

    Die Theorie der Versetzungen ist recht kompliziert, es gibt aber ein gutes Beispiel aus dem Alltagsleben, an dem man alles Wichtige verdeutlichen kann. Unseren Werkstoff stellen wir uns als einen großen Teppich vor. Dann ist die Versetzung eine Teppichfalte. Wollen wir den Teppich verschieben, dann erzeugen wir eine Teppichfalte und schieben diese durch den Teppich. Reicht die Verschiebung nicht aus, dann schieben wir eine weitere Falte hinterher. Durch entsprechend orientierte Teppichfalten und deren Anzahl können wir den Teppich in beliebige Richtung und beliebig weit verschieben.

    Plastische Verformung von Werkstoffen (z.B. Schmieden oder Walzen) bedeutet Bewegung von Versetzungen durch den Werkstoff bis die gewĂŒnschte Form erreicht ist. Allerdings ist unsere Versetzung im Vergleich zur Teppichfalte winzig klein und „verschiebt“ den Werkstoff nur um etwa den zehnmillionsten Teil eines Millimeters. Bei der Massivumformung eines Werkstoffes (z.B. beim Schmieden) ist also eine unvorstellbar große Zahl von Versetzungen im Einsatz.

    Wollen wir unseren Werkstoff verformen (den Teppich verschieben), dann sollen sich die Versetzungen (Teppichfalten) natĂŒrlich ungehindert bewegen können. Hindernisse im Werkstoff (auf dem Teppich) wie zum Beispiel Ausscheidungen (GegenstĂ€nde auf dem Teppich) wĂ€ren da extrem hinderlich. Aus diesem Grunde erwĂ€rmt der Schmied seinen Stahl vor dem Verformen auf weit ĂŒber 1000°C. Dadurch werden Ausscheidungen aufgelöst und außerdem Ă€ndert sich die Kristallstruktur des Stahls derart, dass die Versetzungen sich besonders gut bewegen können – die Verformung also besonders einfach ist.

    Ist ein Metall weich und zĂ€h bedeutet das, dass Versetzungen sehr gut beweglich sind. Hohe Festigkeit und Sprödigkeit hingegen erhĂ€lt man, wenn sich Versetzungen schlecht oder nicht mehr bewegen. Wollen wir einen Werkstoff also „in Form bringen“, dann soll der Werkstoff weich sein. Die Versetzungen mĂŒssen sich einfach bewegen können. Ist er einmal in Form, dann darf sich diese ĂŒblicherweise nicht mehr Ă€ndern und der Werkstoff wird fest sein. Die Versetzungen sollen sich also nur noch schwer bewegen können.

    Bei Stahl erreichen wir das z.B. durch eine WĂ€rmebehandlung – hier durch VergĂŒten. Durch die WĂ€rmebehandlung sorgen wir dafĂŒr, dass unser Werkstoff fest wird (der Teppich sich schwer verschieben lĂ€sst), in dem wir die Beweglichkeit die Versetzungen (Teppichfalten) stark behindern. Dazu legen wir den Versetzungen ganz gezielt Hindernisse wie zum Beispiel Eisenkarbid-Ausscheidungen in den Weg (GegenstĂ€nde auf dem Teppich).

    Schmied und WĂ€rmebehandler beschĂ€ftigen sich schon seit Jahrtausenden mit Versetzungen (ohne das frĂŒher gewusst zu haben). Der Unterschied: Der Schmied will Versetzungen ungehindert durch das Kristallgitter der Metalle treiben. Der WĂ€rmbehandler will ĂŒblicherweise genau das Gegenteil – er will die Versetzungen behindern wo er kann.

     

    Wenn Sie mehr zum Thema „Versetzungen“ oder Stahl erfahren möchten, oder sich zu anderen Themen der Werkstofftechnik weiterbilden möchten, empfehlen wir einfach mal einen Blick auf die Kurse des W.S. TrainingCenters zu werfen. Dort finden Sie zu vielen interessanten Themen die passenden Kurse und Seminare, oder fragen Sie unsere TrainingCenter Ansprechpartner direkt.

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  • 13. Oktober 2011

    Was ist eigentlich 
 VergĂŒten von Stahl?

    Wir vergĂŒten, um StĂ€hle fest und zĂ€h zu machen. Hohe Festigkeit bedeutet großer Widerstand gegen plastische Verformung. Hohe ZĂ€higkeit bedeutet großer Widerstand gegen Risswachstum und Bruch und zwar weil der Stahl verformbar ist. Der Stahl soll sich also verformen und gleichzeitig soll er es nicht?
    Wie passt das zusammen?
     

    Stahl verformt sich durch die Bewegung von Versetzungen. VergĂŒten bedeutet, den Versetzungen ganz gezielt Hindernisse in den Weg zu legen, so dass ihre Beweglichkeit stark eingeschrĂ€nkt (Festigkeit), aber nicht völlig unmöglich (ZĂ€higkeit) ist. Wie machen wir das?

    Dazu mĂŒssen wir klĂ€ren, wie Stahl eigentlich funktioniert. Stahl ist Eisen mit etwas Kohlenstoff. Das „Etwas“ ist aber entscheidend. „Normaler“ Stahl bei Raumtemperatur ist eine Kombination aus fast reinem Eisen (Ferrit), in dem sich Eisenkarbide (Zementit) ausgeschieden haben. Zementit-Ausscheidungen sind Eisen-Kohlenstoff-Verbindungen. Das Kristallgitter des Ferrits kann nur ganz wenige Kohlenstoffatome aufnehmen. Deshalb bildet sich Zementit, in dem all der Kohlenstoff gebunden wird, der nicht in den Ferrit „darf“. Die jeweilige Kombination von Ferrit und Zementit bestimmt die Werkstoffeigenschaften.

    In StĂ€hlen, die nicht wĂ€rmebehandelt wurden, bilden sich Strukturen, in denen relativ große Ferrit- und Zementitplatten abwechselnd gestapelt sind. Der weiche, gut verformbare Ferrit sorgt fĂŒr ZĂ€higkeit, die harten Karbide blockieren die Versetzungen und sorgen fĂŒr Festigkeit. Viel besser (weil noch fester und zĂ€her) wĂ€ren aber viele kleine und runde Karbide statt weniger großer und plattenförmiger Karbide. Und genau das erreichen wir durch VergĂŒten.

    Dazu mĂŒssen wir zunĂ€chst die Zementit-Ausscheidungen auflösen und den dort gebundenen Kohlenstoff im Stahl verteilen. Wie aber geht das, wenn der Ferrit nur ganz wenig Kohlenstoff aufnehmen kann? Wir erwĂ€rmen den Stahl auf oberhalb 700°C. Bei dieser Temperatur bildet sich eine andere Kristallstruktur des Eisens, der Austenit. Austenit kann viel mehr Kohlenstoff aufnehmen als Ferrit. Wir können also Karbide problemlos auflösen, wenn die Temperatur hoch genug ist, um Austenit zu bilden – dieser Vorgang heißt Austenitisieren. Dann wird schnell abgekĂŒhlt – so schnell, dass der Kohlenstoff keine Zeit erhĂ€lt, Karbide zu bilden. Wir „frieren“ den Kohlenstoff also praktisch in unserem Kristallgitter ein, das sich dadurch verspannt und fest aber auch extrem spröde wird. Diese Kristallstruktur nennen wir Martensit. Der KĂŒhlprozess, der zum Martensit fĂŒhrt, heißt HĂ€rten.

    Sehr hohe Festigkeit haben wir nun. Fehlt noch ZĂ€higkeit. Um die zu erreichen, erwĂ€rmen wir den Stahl auf ca. 500°C – das nennen wir Anlassen. Die Kohlenstoffatome werden dadurch wieder beweglich und machen nun das, was die Natur von Ihnen erwartet – Eisenkarbide bilden. Der Unterschied ist aber nun, dass wir durch die Wahl von Anlasstemperatur und Anlasszeit die GrĂ¶ĂŸe, Anzahl und Verteilung des sich bildenden Zementits steuern können. Nach dem VergĂŒten – also nach dem Austenitisieren, HĂ€rten und Anlassen – haben wir wieder eine Kombination aus fast reinem Eisen (der Martensit hat sich durch das Anlassen fast vollstĂ€ndig in Ferrit „rĂŒckverwandelt“) und Zementit. Der entscheidende Unterschied ist aber, dass die vielen kleinen, runden Karbide, die sich nun gebildet haben, zu einem Werkstoffzustand fĂŒhren, der hohe Festigkeit und hohe ZĂ€higkeit ins sich vereint.

    Der ganze VergĂŒtungsprozess lĂ€sst sich ein wenig mit der Kernsanierung eines Hauses vergleichen. Wenn uns die Funktion des Hauses nicht gefĂ€llt, dann beseitigen wir zunĂ€chst alle WĂ€nde in seinem Inneren. Wir bauen dann nach unseren Vorstellungen neue WĂ€nde aus den Ziegelsteinen der alten WĂ€nde. Je nach dem, wie und wie viele neue WĂ€nde wir setzten, fallend die neuen Eigenschaften des Hauses aus.
     

    Wenn Sie mehr zum Thema „VergĂŒten“ erfahren möchten, oder sich zu anderen Themen der Werkstofftechnik weiterbilden möchten, empfehlen wir einfach mal einen Blick auf die Kurse des W.S. TrainingCenters zu werfen. Dort finden Sie zu vielen interessanten Themen die passenden Kurse und Seminare, oder fragen Sie unsere TrainingCenter Ansprechpartner direkt.

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